Achtung! Dieser Beitrag bezieht sich unter Umständen auf eine vergangene Photo+Adventure und ist nicht mehr aktuell.
Bei der Photo+Adventure 2018 präsentieren Verena Popp-Hackner (VPH) und Georg Popp (GP) ihr neuestes Buch, eine Art Retrospektive über ihre 20-jährige Berufslaufbahn als Landschaftsfotografen. Parallel dazu gibt es eine Ausstellung, sowie einen Vortrag über ihre Arbeit. Was es genau damit auf sich hat, haben die beiden P+A Messeveranstalter Oliver Bolch im Rahmen eines Interviews verraten.
Ihr könnt nun auf 20 Jahre Berufserfahrung als Landschaftsfotografen zurückblicken. Wie fühlt man sich dabei?
GP: Gut. Jedenfalls noch nicht alt! (lacht) Gemessen daran, was sich in diesem Zeitraum getan hat – für uns und in der Fotografie im Allgemeinen – klingen 20 Jahre ohnehin wenig.
VPH: Ich würde sagen, wir sind auch ein bisschen stolz. Für uns ist das schon etwas Besonderes! Es gab damals, um 1997, zumindest in Österreich keine vergleichbaren Berufsmodelle oder Vorbilder, an denen wir uns hätten orientieren können. Unsere Inspiration waren am ehesten noch die damaligen uns bekannten amerikanischen Landschaftsfotografen, die meist frei und nur selten auf Auftrag arbeiteten und eher wie freischaffende Künstler lebten. So ganz war das in Österreich freilich nicht möglich und wir sind daher von Beginn an unseren eigenen, sehr persönlichen Weg gegangen.
Was hat euch denn bewogen, darüber ein Buch zu machen, ihr hängt eure Karriere ja hoffentlich noch nicht an den Nagel?
VPH: Mit Sicherheit nicht, ganz im Gegenteil! Mehrere Dinge haben uns bewogen. Zu Beginn hatten wir uns selbst eine Frist von zwei Jahren gegeben, in der wir es schaffen wollten, mit unserer Fotografie finanziell auf eigenen Beinen zu stehen. Dabei haben wir uns damals und im Laufe all der Jahre immer wieder vorgenommen: Wenn wir es schaffen, nach 20 Jahren immer noch erfolgreich zu sein, dann schreiben wir darüber ein Buch. 20 Jahre schien uns wie eine utopische Zahl und das Ganze war eher nur so dahingesagt. Erst vor knapp zwei Jahren haben wir den Gedanken dann ernstlich aufgegriffen. Für uns ist das auch eine Gelegenheit gewesen, ein wenig innezuhalten und zurückzublicken. Ein Luxus, der uns in den vergangenen 20 Jahren kaum vergönnt war. Ich finde, dass es wichtig ist, sich zu erinnern wo seine fotografischen Wurzeln sind, welchen Weg man hinter sich hat – welche Träume man hatte und was davon Realität wurde oder was nicht. Auch angesichts dessen, wenn man sich überlegt, was man zukünftig machen will, welche Ziele man sich steckt. Insofern ist das Buch eigentlich in allererster Linie für uns selber wichtig.
Was macht das Buch zu etwas so Besonderem, immerhin ist allein der Preis doch recht außergewöhnlich?
GP: Zum einen ergibt sich der Preis ganz einfach aus den hohen Produktionskosten für so geringe Stückzahlen und dem großen Format – 30×30 Zentimeter – und Umfang. Immerhin hat das Buch über 400 Seiten mit gut 300 großformatigen Fotografien. Wir wollten auch vom Haptischen her etwas Besonderes machen. Daher ein edler Ledereinband mit Prägung inklusive passendem Schuber.
VPH: Für uns vielmehr entscheidend ist jedoch der Inhalt. Es ist ein sehr persönliches Buch, sowohl von der Fotoauswahl her aber auch die Texte und Informationen betreffend. Vieles, was in dem Buch steht würden wir nie in einem Magazin Beitrag oder einem klassischen Bildband verraten. Locations, Aufnahmejahr, technische Infos etc. Wir haben insgesamt 12 Portfolios im Buch zusammengestellt, mit jeweils 20 bis 30 Motiven. Zu vielen einzelnen Bildern haben wir ausführliche Bildtexte verfasst, über unsere Gedanken zu den Motiven oder über die spezielle Entstehung der Fotos. Zwischen den Bildstrecken eingestreut, gibt es dann auch längere Essays zu unterschiedlichen Themen, die unsere Arbeit oder die Arbeit von Naturfotografen per se beschreiben. Über unsere frühen Anfänge noch vor 1998, über Landschaftsfotografie mit Großformat Kameras über das „Fine Art“ Business und noch vieles mehr. Wir wollten keinesfalls ein reines „Bilderbuch“ machen, sondern ein Werk, das man sich langsam erarbeiten muss. Das passt auch viel besser zu unserer fotografischen Philosophie. Sogar darüber, wie wir uns unsere nächsten 20 Jahre vorstellen gibt es etwas zu lesen…
GP: All das ist freilich ein Minderheitenprogramm. Kein Verlag hätte uns dieses Projekt abgenommen. Und es war auch eigentlich immer nur als besonderes Dankeschön für alle beruflichen Wegbegleiter der ersten Stunde gedacht, für all jene, denen wir unseren Erfolg zu verdanken haben und all jenen, die uns im Laufe der 20 Jahre immer wieder inspiriert haben. Es hat sich aber schon während der Planungszeit gezeigt, dass es doch viele Menschen gibt, die sich dafür sehr interessieren. Menschen, die sich für Natur- und Landschaftsfotografie interessieren, Menschen die sich für die Gebiete die wir bereist haben interessieren und auch – und das sind ehrlich gesagt gar nicht so wenige – die sich in all den Jahren immer speziell für unsere Arbeit und unseren persönlichen Zugang zur Landschaftsfotografie interessiert haben.
VPH: Und weil du den Preis angesprochen hast. Uns ist klar, dass wir dafür auch einige „kritische“ Kommentare bekommen werden. Unser Standpunkt ist dieser: Das Buch ist, für all jene die unsere Arbeit schätzen, das Geld wert. Nichtsdestotrotz, wird es für einige zu teuer sein, das ist uns klar. Aber es ist auch so, dass in diesem Buch sehr viel von unserm Herzblut steckt, so viel persönlicher Input und Planung und ein enormer zeitlicher Aufwand. Wir sind niemandem böse, der es nicht kauft. Aber: Man kann es vielleicht damit vergleichen ob man einen Rotwein um € 7,90 im Supermarkt kauft oder eine Flache Bordeaux Wein um hundert Euro und mehr. Oder ob man einen Seat fährt oder lieber einen Tesla oder Jaguar. Auch ein guter Fine Print kostet schnell einmal an die 1000 Euros, in diesem Buch sind immerhin fast 300 unserer besten Fotos versammelt. Gute Bücher sollten ohnehin nicht als Billigprodukte missverstanden werden.
Ihr geht aber nun auch in der Produktion einen neuen Weg, oder?
GP: Richtig. Zumindest einen unkonventionellen. Wir haben ja schon immer gerne neue Wege ausprobiert… Das Buch wird digital gedruckt. Das klingt simpel ist es aber nicht. Natürlich sind die ökonomischen Vorteile klar: Wir brauchen keine große Stückzahl zu produzieren, haben daher weniger Anfangsinvestitionen und dabei dann auch nicht palettenweise Bücher bei uns im Büro rumstehen. Schwieriger war es schon, eine geeignete Druckerei und eine spezielle Buchbinderei zu finden. Sowohl Deckel als auch Schuber werden individuell und manuell angefertigt. Anders als digitale Bücher, die man online ordern kann, werden unsere Bücher auch nicht mit Klebeheftung, sondern mittels Fadenheftung gebunden. Das ist nicht nur schöner oder „edler“, sondern auch besser – vor allem bei einem Buch mit diesem großen Umfang. Daraus ergab sich aber auch, dass wir eine Druckerei suchen mussten, die auch digital entsprechend groß drucken kann, um mindestens zwei Seiten auf einen Druckbogen zu bringen. Das ist selten. Allein die Suche nach diesen Produktionspartnern hat einige Zeit verschlungen – aber gut, das sind technische Details…
VPH: Was uns an diesem Prozess so verlockend erschien, wird sich nicht unbedingt nur in diesem Buch allein widerspiegeln, sondern in einer ganzen Reihe von weiteren Bänden, die wir in dieser Art und Weise produzieren wollen. Eine digitale Produktion ermöglicht es, fast jedes Buch als Unikat zu produzieren, mit Widmungen, unterschiedlichen Erscheinungsbild. Wir planen für nächstes Jahr Bildbände über Tasmanien und über die Zypressensümpfe im Süden der USA, in gleicher Art und Weise. Bücher wie diese kann man dann im Lauf der Zeit updaten, sowohl was Text als auch Fotos betrifft. Diese Bildbände werden dadurch nicht nur zu Unikaten, sondern bleiben quasi ein „work in progress“. Das ist schon eine coole Sache. Aber vor allem: Wir können relativ unkompliziert in allen Sprachen drucken, die wir wollen. Da braucht es jeweils pro Sprache nur eine Investition in eine Übersetzung und schon kann man auch eine englische Version machen, oder eine italienische, belgische. Oder chinesische..! Es gibt Menschen am anderen „Ende“ der Welt, die unsere Arbeit sehr schätzen und so ein Buch erwerben würden – bloß mit dem deutschen Text könnten sie nichts anfangen.
GP: Das Stichwort ist die Beweglichkeit, die permanente Möglichkeit zur Adaption und Verbesserung. Bislang wurde dies eigentlich nur elektronischen Devices zugesprochen. Und auch wir haben in den vergangenen Jahren durchaus auch über e-books und Apps nachgedacht und auch einiges an Gedanken und Tests – und Geld! – dahingehend aufgewendet. Wir sind jedoch zum Schluss gekommen, dass das gute alte gedruckte Buch bzw. der gedruckte Bildband nach wie vor die schönste Präsentation ist. Mit dem Moment, wo die Qualität der digitalen Drucke, jener des Offset Druckes nahezu gleich kam, wurden wir hellhörig. In dem Moment, wo man nun auch winzige Mengen produzieren kann, was im Offset Druck ja unmöglich bzw. nicht finanzierbar ist, bekommt so ein Buchprojekt ungeahnte Möglichkeiten. Natürlich werden wir Weiterentwicklungen oder Sonderversionen auch im Impressum kennzeichnen, damit sich das mitverfolgen lässt. Die Bücher selbst wird es – aus erster Hand – freilich nur und einzig über uns zu beziehen geben. Wir werden auch jedes einzelne Buch auf Wunsch persönlich signieren und/oder mit Widmung versehen. Eines wird für alle diese Bücher gelten: Sie müssen unseren höchsten Ansprüchen in Fotografie, Text, Layout, Druck und Bindung gerecht werden. Dazu haben wir uns auch schon immer mit unserer Fotografie verschrieben.
Für alle, die sich nun entschließen das Buch zu kaufen, was können sie inhaltlich erwarten?
VPH: Naja, wie schon ansatzweise erwähnt, geht es um uns und unsere Arbeit der letzten 20 Jahre. Allen großen Themen, die uns beschäftigt haben, ist ein Portfolio gewidmet. 12 Stück insgesamt. Von „Alaska/West-Kanada“, „Patagonien“ über die „klassischen Sujets von Österreich“ oder dem „wilden“ Österreich, „Naturlandschaften Europas“, „Neuseeland“, „Tasmanien“, „West-Australien“, „Zypressensümpfen“ dem „Amerikanischen Westen“ und noch mehr. Zu all diesen Themen haben wir unser Archiv durchforstet und unsere persönlichen Favoriten und die erfolgreichsten Motive ausgewählt. Das ist übrigens nicht immer das Gleiche! Auf diesem Weg haben sogar Bilder ins Buch gefunden, die wir noch nie zuvor publiziert hatten.
GP: Auch die Aneinanderreihung der Portfolios folgt einem tieferen Sinn. Es ist vielleicht auch der Erklärungsversuch, wie aus einer zu Beginn verrückt klingenden Idee am Ende ein Erfolgsrezept wurde. Zum Beispiel haben wir die „Ereignisse“ unseres Fotografenlebens chronologisch durch das ganze Buch „gezogen“. Verteilt zwischen den Portfolios ist jedem Jahr eine Doppelseite mit Bild und Text gewidmet. Reisen, Aufträge, Ereignisse, Auszeichnungen – alles dabei. Das war schon allein für uns selber interessant zu recherchieren… Und dann gibt es noch einzelne Essays über spezielle Themen, wie schon vorher erwähnt. Am Ende des Buches können dann auch die Technik-Freaks „nachforschen“ welche der Bilder mittels Großformat Kameras und welche auch mit einer digitalen Kamera aufgenommen wurden. Auf 416 Seiten kommen da in etwa 150 Seiten zum Lesen bzw. Schmökern zusammen.
Der Titel des Buches ist „Times and Transitions“, wie seid ihr darauf gekommen, was bedeutet er?
GP: Das klingt irgendwie cool, oder…? (lacht) Nein, im Ernst. Es geht ja in dem Buch viel um Zeitabschnitte und um die langsamen oder drastischen Veränderungen/Verschiebungen im Laufe derselben. Gleichzeitig sind Zeiten –angefangen von Verschlusszeiten der Kamera – und Veränderungen auch Begriffe, die in unserer Landschaftsfotografie wichtig sind. Anfangs wollten wir es „Living our Dream“ oder so ähnlich nennen, das schien uns dann aber ein wenig zu pathetisch. Nicht alle Zeiten waren immer nur „wie im Traum“. In all den Jahren gab es einige Höhen und Tiefen. Wir haben uns unseren Traum, den wir vor 20 Jahren hatten verwirklicht aber wir haben beinhart dafür gearbeitet. Blut, Schweiß, Tränen im wahrsten Sinne des Wortes. Wäre es ein einziges Honigschlecken gewesen, würden wir nicht mit so einem gewissen Stolz auf dieses Buch schauen können… „Times and Transitions“ passt nahezu perfekt.
VPH: Man darf ja nicht vergessen, dass wir nicht nur immer unsere Berufskarriere vor Augen hatten, sondern fast von Beginn weg Eltern zweier Töchter waren, die in genau dieser Zeit groß geworden sind. Ein permanenter Spagat zwischen den Versuchen die besten Eltern und auch die besten Fotografen zu sein. Woran man am Ende an beiden Enden freilich nur scheitern kann. (lacht) Beide Töchter sind nun schon fast erwachsen und auch das ist so ein Meilenstein, der uns zum „Revue passieren lassen“ veranlasst hat. Wir werden wirklich oft gefragt ob und wie man von der Landschaftsfotografie leben kann oder wie wir das geschafft haben. Wir haben uns immer schon schwer getan, dass klar zu beantworten. Ich denke jedoch schon, dass vieles davon im Kontext dieses Buches nachvollziehbar wird. All das Persönliche beiseite, wird es dennoch in erster Linie ein Buch über Landschaftsfotografie sein.
Und welche Themen oder Buchprojekte wollt ihr in dieser Serie noch folgen lassen?
GP: Wir wollen zwischen drei „Reihen“ optisch und inhaltlich unterscheiden. Die „Journeys“-Reihe, die von bestimmten Regionen und unseren Reisen dorthin handeln wird, wie etwa Tasmanien oder West-Australien. Auch unser längst vergriffener Bildband „New Zealand Journeys“ wird darin wieder neu und auf unsere Weise auferstehen… In die „Landscapes“-Reihe, wo es eher um fotografische als geographisch eindeutige Themen gehen wird, werden zum Beispiel die Zypressensümpfe gehören. Daneben wird es immer wieder „Specials“ geben, so wie das „Times and Transitions“ Buch. Geplant haben wir nun zehn Bücher bis Ende 2021. Alle in Top-Ausstattung und Qualität aber sicher mit unterschiedlichem Umfang und in Folge dessen auch mit unterschiedlichen Preiskategorien.
Wann wird das Buch erhältlich sein, wie und ab wann kann man bestellen?
VPH: Bei der Messe am 24. und 25. November wird es den ersten Prototyp zu sehen geben. Wir sind da freilich auch wieder vor Ort bei unserer Ausstellung und freuen uns über anregende Gespräche! Bestellen kann man eigentlich ab sofort, einfach mit einer Email mit Name und Lieferdresse an uns. (siehe Info am Ende des Interviews) Sobald wir produktionsfähig sind, schicken wir die Rechnung aus und dann wird prompt geliefert. Wir wollen ab Anfang Dezember liefern können, damit das Buch gegebenenfalls auch rechtzeitig als Geschenk zu Weihnachten ins Haus flattern kann.
Wir danken uns für das Interview.
Times and Transitions
30×30 cm, 416 Seiten,
270 großformatige Fotos – partiell lackiert
Digitaldruck mit Fadenheftung
Ledereinband + Schuber
Preis: € 550,- (inkl. Versand und Verpackung)
Bestellung mittels E-Mail mit Name und Adresse und etwaigem Vermerk an:
office@popphackner.com
www.popphackner.com
Verena & Georg auf der Messe:
Vortrag am Sonntag 11.45 Uhr – Saal Lehar 3&4
Buch & Foto-Ausstellung im Ausstellungsbereich #15